Von den Romanen von Jules Verne bis zur Netflix-Serie Black Mirror, Zukunftsbilder einer technologisierten Welt haben eine lange Tradition und grosse Faszination. Je mächtiger künstliche Intelligenz wird, desto realistischer und für viele auch beängstigender werden diese Visionen. Es gibt also bereits Darstellungen, wie unsere digitale Zukunft sein könnte, sein soll oder keinesfalls sein darf. Wir hören diese warnenden oder euphorischen Stimmen und sie lösen Reaktionen aus. Aber wie stellen wir uns einen Alltag am Rande der Technologischen Singularität konkret vor, das heisst zu einem Zeitpunkt, an dem die technologische Entwicklung die menschliche überholt hat? Wie erlebe ich eine medizinische Diagnose, die nicht mehr von einem Menschen sondern von einer Maschine gestellt und übermittelt wird? Wie verläuft ein Bewerbungsgespräch, in dem eine maschinelle Intelligenz mich beurteilt? Wir beobachten sowohl in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen als auch in der breiten Bevölkerung ein grosses Bedürfnis, über solche Szenarien zu diskutieren, aber ein konstruktiver Diskurs fällt schwer, wenn die Auslöser der Zukunftsbilder in unseren Köpfen und die darin verpackten Botschaften so unterschiedlich und abstrakt sind. Wir sind jedoch fest davon überzeugt, dass die aktive Gestaltung unserer digitalen Zukunft einen breiten Diskurs voraussetzt.
Seit 2017 kooperieren das Institut für Wirtschaftsinformatik, das Departement Angewandte Linguistik der ZHAW und die Fachrichtung Knowledge Visualization der ZHdK zum Thema Digital Futures. Im Rahmen von Forschungsanträgen wurde ein Forschungsdesign definiert. 2019 wurde ein Prototyp implementiert, der mittels immersiver Virtual Reality ein Szenario aus der Welt des Personalwesens erlebbar macht. Ein weiterer VR Prototyp zum Thema «Demokratie am Rande der Technologischen Singularität» ist im Rahmen einer MSc-Thesis entstanden. Diese und weitere Forschungsergebnisse stellen wir laufend in diesem Blog vor.
Ziel der vorgestellten Forschungsarbeiten ist es, einen Diskurs über mögliche Ausprägungen unserer digitalen Zukünfte und deren Wünschbarkeit auszulösen. Experten verschiedener Disziplinen (Psychologie, Ethik, Soziologie etc.), aber auch „Laien“ sollen die Rolle des distanzierten Betrachters verlassen und aus verschiedenen Perspektiven konkrete Situationen in den Szenarien erleben können. Immersive Virtual Reality ermöglicht dies. Dabei soll die Interaktion mit intelligenten Maschinen greifbar werden und über das Klischee vom Dialog mit humanoiden Roboter hinausgehen. Auf der Grundlage dieses gemeinsamen Erlebnisses soll ein Diskurs geführt werden, der Rahmenbedingungen oder im Idealfall konkrete Designkriterien für technologische Entwicklungen hervorbringt. Ein weiteres Ziel ist die explorative Erarbeitung und Verfeinerung eines Methodensets, das Gestalter von Technologien in die Lage versetzt, sich kritisch mit den Konsequenzen des eigenen Schaffens auseinanderzusetzen. Dieses Methodenset kann im Rahmen von Lehre und Weiterbildung vermittelt werden und so Kompetenzen für die verantwortungsvolle Betrachtung und Gestaltung technologischer Innovationen schaffen.